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Mile High Insights

Ist die U.S. Zentralbank schuld?

30.6.08

Ich hatte gehofft, dass der Januar-Boden halten würde. Speziell nach dem erfolgreichen Test vom März. Dies mag zwar immer noch möglich sein, aber die Chancen schwinden. Der Dow Jones fiel schon auf ein neues Tief. Der Russell 2000 und der NASDAQ halten sich zwar noch, aber auch hier sieht es zunehmend nach einem Bruch aus. Die Zentralbank hatte im März die Schleusentore geöfnet und normalerweise zeitigt dies sofortige Effekte. Dies war auch im Jahre 2008 der Fall. Die Nachhaltigkeit ist jedoch nicht so berauschend. Inflationsängste neutralisieren die Liquiditätsspritze zum grossen Teil. Inflation schürt die Angst an Wall Street, da festverzinsliche Instrumente im Preis fallen (Zinsen ansteigen) und dadurch auch die Kurs-Gewinn Verhältnisse für Aktien nach unten ziehen. KGV-Kontraktion reflektiert sinkende Gewinn-Erwartungen in der Wirtschaft oder steigende Konkurrenz von anderen Investitionsformen und ist für Aktienkurse oft von grösserer Bedeutung als fundamentale Unternehmensfaktoren. So befinden wir uns also wiederum, wie schon vor drei Monaten an dem Punkt wo Inflation zum Schlagwort und gleichzeitig zur Erklärung wird. Nicht nur das, weltweites Wachstum verlangsamt sich ebenfalls. Die Gründe für langsameres Wachstum sind wohl allgemein bekannt: Entschuldung des Finanzsystems, ausgereizte Verbraucher die den Gürtel enger schnallen müssen, Wohlstandstransfer von Ölimporteuren zu Ölexporteuern etc. etc. Während die Märkte also sowohl von fallendem Wachstum als auch von steigender Inflation in die Zange genommen werden, so scheint �Wachstum" leichter erklärbar als �Inflation". Wenn man heutzutage von Inflation spricht, dann ist meistens Rohstoff-Inflation und weniger Lohn- oder Gehaltsinflation gemeint. Die meisten der Befragten halten die amerikanische Zentralbank für den Hauptschuldigen. Der fallende Dollar scheint für ständig steigende Rohstoffpreise verantwortlich zu sein und wird damit zum Hauptproblem der restlichen Welt hochstilisiert. Steigende Rohstoffpreise führen zu Inflationsschüben rund um die Welt, speziell jedoch in den Schwellenländern, wo Lebensmittel und Energie einen weitaus grösseren Teil des Familien-Budgets einnehmen als in den entwickelten Ländern. Tatsächlich ist der Dollar nach wie vor die Transaktionswährung Nummer eins in der Welt, während der Euro die Spar- und Investitionswährung Nummer eins ist. Egal ob Sie Kohle in Brasilien, Flachbildschirme in Korea oder Kaffee in Afrika kaufen wollen, Sie brauchen auf jeden Fall Zugang zu amerikanischen Dollars. Milton Friedman hatte einst gesagt: "Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen." Die Federal Reserve of Cleveland definiert Inflation als "...ein Anstieg im allgemeinen Preisniveau, ausgelöst durch exzessives Geldmengenwachstum ..." Es scheint also, als hätten sehr gescheite Leute bereits postuliert, dass eine Bedingung für steigende Inflation exzessives Geldmengenwachstum ist. Festverzinsliche Instrumente leiden am meisten unter steigender Inflation und sind daher ganz besonders sensibilisiert. Schauen wir uns die Charts an:



Eine Inspiration für dieses Newsletter erhielt ich wieder einmal von John Mauldin. Seine Newsletter sollten für jeden Investor zur Standardlektüre werden. Danke, John!

Inflation ist im ersten Chart oben ausgedrückt in Form des Verbraucherpreisindex und verharrt zur Zeit bei ca. 4%. Dieser Index beinhaltet Lebensmittel und Energie. Die reale (Inflationsbereinigte) Umlaufrendite für 10-jährige T-Notes liegt derzeit bei 0% (4% Coupon minus 4% Inflation). Warum geben sich U.S. Bondhändler mit diesem Zustand zufrieden anstatt ihre T-Bonds zu verkaufen nach höher verzinslichen Anlagen zu suchen? Einfach weil sie der Meinung sind, dass Inflation sich in Zukunft eher legen wird. Sie wissen ausserdem, dass die Federal Reserve nicht soviel Geldmengenwachstum produziert hat um Inflation zu einer realen Gefahr zu machen. M1 zum Beispiel nahm in den vergangenen 6 Monaten leicht ab, während die Geldbasis um lediglich 1% zunahm. M2 hingegen wächst um annualisierte 6% und MZM sogar um 16%. Ich vermute, dass auch die alte M3 Geldmenge ähnlich stark anwächst. Die Frage stellt sich nun, welche dieser Geldmengen der tatsächliche Inflationtreiber ist. Höchstwahrscheinlich die mit der grössten Wachstumrate. Was also ist die Ursache für das starke Wachstum in MZM bzw. M3? Einerseits die Banken in den U.S.A.. Das fraktionale Reservesystem erlaubt es einer Bank das zehnfache der Spareinlagen in Form von Krediten zu vergeben. Diese Institutionen nannte PIMCO das Schatten-Bankensystem. Sie sind zwar nicht alleine Schuld aber sie halfen mit die Geldmenge MZM bzw. M3 nach oben zu treiben. Internationale Banken in Europa und Asien sind die anderen Mitschuldigen. Auch sie unterliegen ihren jeweiligen fraktionalen Reservesystemen und können daher mehr oder weniger aggressiv Geld aus dem Nichts schaffen. Speziell Euro-Dollar Deposits erhalten in diesem Zusammenhang enorme Bedeutung. Kreditnehmer weltweit haben es nähmlich in den letzten Jahren zunehmend vorgezogen, Kredite auf Dollarbasis aufzunehmen, da Dollar-Kredite niedrige Zinsen verlangten und die Chancen recht gut waren, dass die in Dollars fällige Hauptsumme gegenüber der heimischen Währung am Ende der Laufzeit niedriger ausfallen würde als bei Kreditaufnahme. Wenn also eine Bank in Europa oder Asien Petro-Dollars in Höhe von $ 1 Million erhält, dann kann Sie daraufhin Kredite in Höhe von $10 Million vergeben. Voil�, die Geldmenge wächst in Europa oder Asien, nicht jedoch in den USA, obwohl Dollars die Transaktionswährung darstellten. Willkommen in der globalisierten Wirtschaft. Ich möchte nun ein kleinen Umweg machen und Sie auf eine Idee bringen, die mir neulich von GaveKal vorgestellt wurde. John Mauldin�s �outside the box" Newsletter stellen regelmässig Meinungen anderer Analysten vor. GaveKal�s Arbeit ist immer erstklassig und sie stellten eine Kausalität (oder zufällige übereinstimmung?) her, welche die amerikanische Leistungsbilanz und internationale Finanzkrisen miteinander in Verbindung bringen. Im folgenden versuche ich GaveKal�s Idee zu erklären, so wie ich sie verstanden habe:

Wir hatten bereits festgestellt, dass der U.S. Dollar nach wie vor die wichtigste Transaktions-Währung ist. Wir haben ebenso festgestellt, dass Dollar-Kredite von vielen internationalen Konglomeraten bevorzugt werden. Stellen wir uns also die amerikanische Leistungsbilanz wie einen Tank vor, aus dem bei negativer Leistungbilanz Benzin (Betriebskapital) in die globale Wirtschaft fliesst oder der aus der globalen Wirtschaft Benzin bei positiver Leistungsbilanz (Betriebskapital) absaugt. Pro Euro-Dollar (welcher im übrigen nicht nur in Europa sondern auch in asiatischen oder südamerikansichen Banken deponiert werden kann) schwillt oder schrumpft das Betriebskapital weltweit um den Faktor 10. Die Weltwirtschaft wurde so zumindest zum Teil durch die U.S. Leistungsbilanz angekurbelt oder abgebremst. Deshalb gerät jedesmal, wenn die U.S. Leistungsbilanz in den positiven Bereich steigt, irgendwo irgend jemand in Liquiditätsschwierigkeiten. Der wichtige Punkt ist hierbei jedoch, dass dieser Mechanismus NICHT von der Federal Reserve unter Bernanke gesteuert werden kann. Die Entscheidung Dollar-Kredite aufzunehmen werden immer im privaten Sektor getroffen. Wir leiden alle unter kognitiver Dissonanz sodass ich Sie bitten möchte, mir die obige These nachzusehen, sollten sie mit Ihr nicht konform gehen. Ich versuche mein Geschäft so objektiv wie möglich zu betreiben, bin jedoch nicht unfehlbar.

Der erste Chart oben zeigt die amerikanische Leistungsbilanz im Vergleich zum selben Quartal des Vorjahres. Das Defizit für das 1. Quartal 2008 z.B. beträgt $176,38 Mrd. Das Defizit vom 1. Quartal 2007 betrug jedoch $196,93 Mrd. Gegenüber dem Vorjahr verbesserte sich also die Leistungsbilanz um $20,55 Mrd. und dies wird durch den positiven roten Balken dargestellt. Das Leistungsbilanz-Defizit verbesserte sich um $20 Mrd. und Betriebskapital in Höhe von $200 Mrd. wurde der Weltwirtschaft entzogen. Es ergibt nunmehr auch Sinn, wenn die USA eine Inflationsrate von lediglich 4% aufweisen, während mehr als 50 Länder mittlerweile unter Inflation von 10% oder mehr leiden. Dies sind wahrscheinlich genau die Länder, die Ihre Währung an den Dollarkurs angestöpselt und sich damit zu einem festen Umtauschverhältnis verpflichtet haben. GaveKal erklärt dies so:

"Was passiert also wenn ein chinesischer Immobilien Magnat oder ein vietnamesischer Industrieller US $ borgt um ein neues Projekt zu finanzieren? Als erstes wird er die Dollars, die er nicht sofort benötigt, in Renminbi oder Dong umwandeln. Daraufhin hat die ausländische Zentralbank die Wahl unter drei Möglichkeiten:

1- Sie kann die Währung frei ansteigen lassen. Diese Möglichkeit haben Brasilien und Süd Koerea gewählt.
2- Sie kann neues Geld drucken, somit den Kaufschub egalisieren, muss dann aber intervenieren um Währung und Inflation stabil zuhalten.
3- Sie kann neues Geld drucken, somit den Kaufschub egalisieren und kann die Folgen von steigendem Geldmengenwachstum (steigender Inflation und steigenden Preisen) schlichtweg akzeptieren.
Und letzteres ist genau das, was die meisten Nationen auf der anderen Seite der U.S. Leistungsbilanz getan haben. Asien und OPEC leiden nun unter den Folgen dieser Entscheidung, denn sie sind die Länder mit den grössten Inflationsproblemen. Man könnte also sagen, dass die negative amerikanische Leistungsbilanz der Welt steigende Inflation beschert hat. Zuerst gab dieses Defizit gewissen Ländern einen Liquiditäts-Anschub und danach verursachte das Defizit die weltweite Meinung, dass der Dollar langfristig gesehen eigentlich nur fallen könne und somit zu der folgerichtigen Annahme führte, dass US Dollar-Kredite das einzig sinnvolle seien. Steigende Inflation weltweit ist nun die Folge."


Gave bringt seine Idee dann zum logischen Schluss. Das U.S. Defizit verbesserte sich in den vergangenen zwei Jahren bereits um $150 Mrd. Der zweite Chart zeigt dies und die Aufteilung des Defizits in Erdöl-exportierende Länder und den Rest der Welt. Sobald Rohölpreise fallen, werden auch die Erdöl-exportierenden Länder das gleiche Schicksal wie der Rest der Welt erfahren: Liquiditätsverknappung und gezwungene Entschuldung was über kurz oder lang zu global verlangsamtem Wirtschaftswachstum führen wird. Dies könnte in den nächsten Quartalen dazu führen, dass U.S. Dollar re-patriiert werden, dass Kapital zurück in die U.S.A. fliesst auf der Suche nach unterbewerteten Assets und dass der U.S. Dollar und Aktienmärkte iihre Bodenbildung vollenden. Eine weitere Dollar Rally wäre dann die Konsequenz dieser Entwicklung.

Hermann Vohs


Hermann Vohs ist President von Cales Investments, Inc., einem zugelassenen U.S. amerikanischem Broker-Dealer. Alle in diesem Newsletter präsentierten Materialien wurden gemeinhin zuverlässigen Quellen entnommen. Eine Garantie für die Richtigkeit dieser Materialien übernehmen wir jedoch nicht. Keine der in diesem Newsletter abgegebenen Prognosen dürfen als Kauf oder Verkaufsempfehlungen verstanden werden. Wir kennen Ihre persönliche finanzielle Situation nicht und werden uns daher hüten, Ihnen individualisierten Rat zu geben. Bitte sprechen zuerst mit Ihrem persönlichen Berater, bevor Sie Investitionsentscheidungen treffen. Unsere Empfehlungen können sich ohne vorherige Vorankündigung über Nacht ändern. Hermann Vohs und/oder Angestellte von Cales Investments, Inc. mögen von Zeit zu Zeit Long- oder Short-Positionen in den hier besprochenen Instrumenten halten. Hermann Vohs erreichen Sie unter der Telefon Nummer 001-303-765-5600.

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