Wie schwach ist die amerikanische Wirtschaft wirklich?
31.08.06
Die vergange Woche erfreute die Gem�ter an Wall Street. Der Dow Jones und der S&P; 500 legten 1,6% bzw. 1,2% zu. Der Nasdaq Composite sprang um 2,5%. Im Juni und Juli hatten Investoren noch gezittert, dass steigende Inflation steigende Zinsen, fallende KGV�s und einen fallenden Himmel nach sich ziehen w�rden. Ich hatte damals gesagt, dass die Zeit sich um Inflation Sorgen zu machen im Sommer letzten Jahres gewesen war, als gewisse Inflations-Indikatoren regelrecht explodierten. Das war damals. Heute ist heute und die Inflationsangst hat sich nun endlich gelegt. Umlaufszinsen f�r zehnj�hrige Bonds fielen von 5,25% im Juni auf 4,72% am Freitag. Die Inflationsgefahr scheint gebannt. Paranoid wie Wall Street nun mal ist, hat man nunmehr Angst vor der Rezession.
Der Chart oben links zeigt uns die Umlaufsrenditen f�r 10-j�hrige Bonds (blau), die aufgrund von Angebot und Nachfrage im freien Markt steigen oder fallen und f�r Sichteinlagen (gr�n) bei der Zentralbank, die von der Zentralbank festgesetzt werden. Die rote Linie zeigt die Differenz zwischen beiden. Diese Differenz ist seit Juli in den negativen Bereich abgerutscht. Dies bedeutet, dass langfristige Obligation weniger rentieren als kurzfristige. Man nennt diesen Zustand eine Inversion der Zinsstruktur. Diese Inversion kommt zustande, wenn Investoren damit rechnen, dass die Zentralbank die kurzfristigen Zinsen, wie den Diskontsatz, in absehbarer Zeit senken wird. Diese erwartete Zinssenkung wird von Investoren in den l�ngerfristigen Papieren bereits vorweg-genommen. Die Inversion reflektiert also eine Erwartungshaltung der Marktteilnehmer. Diese Zinssenkung passiert jedoch nur dann, wenn Inflation und Wirtschaftswachstum merklich bzw. zu sehr nachlassen. Aus diesem Grunde k�ndigen Zinsinversionen (wie im Jahre 2000) oft eine Rezession an.
Das Bild oben rechts zeigt die Zinsdifferenz zwischen dem freien Markt (10-j�hrige Umlausfrenditen) und den von der Zentralbank festgelegten Zinsen (in diesem Fall angen�hert durch 90-Tage T-Bills). Die blaue Linie wurde konstruiert, indem wir den 90-Tagedurchschnitt dieser Zinsdifferenz errechneten. Dieser 90-Tagedurchschnitt wurde von der Federal Reserve in mehreren Studien untersucht und f�r signifikant erkl�rt. Die j�ngste Studie in diesem Feld finden Sie hier. Sie sehen dass 5 der letzten 6 Rezessionen von einer Inversion des 90 Tage Durchschnitts angef�hrt worden sind. Im Augenblick steht eine derartige Inversion noch nicht bevor. Sie k�nnte passieren, wenn 10-j�hrige Bonds auf dem gegenw�rtigen Niveau l�nger als 30 Tage verharren oder weiter steigen (Umlaufsrenditen daher weiter fallen). Dies steht in den n�chsten Wochen jedoch nicht zu erwarten. Bonds sind aus charttechnischer Sicht stark �berkauft und f�llig f�r eine mehrw�chige Korrektur. Eine derartige Korrektur w�rde zu steigenden Umlaufsrenditen der 10-j�hrigen Bonds f�hren und damit den
90-Tagesdurchschnitt des Indikators nach oben (weg von der Inversion) bewegen. Die Gr�sse und Intensit�t dieser Kurskorrektur wird uns einen guten Eindruck dar�ber verschaffen, wie gross die Gefahr einer Rezession wirklich ist. Zur Zeit ist noch nicht einmal vorhersehbar, wann (wenn �berhaupt) der 90-Tagedurchschnitt in den negativen Bereich abrutschen wird. Eine Rezession w�rde laut Zentralbank dann innerhalb von 12 Monaten (Sommer 2007) zu erwarten stehen. Wie bereits im Dezember letzten Jahres gesagt, eine Zinsinversion alleine macht noch keine Rezession.
Die meisten Experten erwarten eine Rezession aufgrund eines kollabierenden Immobilienmarktes. Die Medien berichten unabl�ssig davon, dass die �Housing Bubble� geplatzt sei und dass die Konsequenzen den amerikanischen Steuerzahler teuer zu stehen kommen werden. Eigenheimums�tze fielen im letzten Jahr um 21,6%. Neubauantr�ge fielen um 20,8%. Verkaufs�berhang an Eigenheimen war in den letzten 20 Jahren noch nie so gross. etc. etc. Die Titelseiten aller grossen Zeitungen warnen vor der kommenden Rezession verursacht durch den �Housing Crash�. Ich glaube Sie wissen schon auf was ich hinaus will. Wenn etwas von allen Markt-teilnehmern so schrill prophezeit wird, dann kommt die tats�chliche �berraschung aus einer ganz anderen Ecke.
Das Economic Research Institute ver�ffentllicht w�chentlich den Index F�hrender Wirtschaftsindikatoren (oben links). Der Index (laut Institut) f�hrt den Wirtschaftszyklus bei Gipfeln um 10 Monate und bei T�lern um 3 Monate an. Der Index selber h�lt sich noch ganz gut aber die Wachstumsrate ist bereits vor Monaten in den negativen Bereich abgerutscht. Dies ist einer der negativsten Indikatoren von allen Indikatoren, die ich verfolge. Diesem Indikator zufolge k�nnte die U.S. Wirtschaft sich bereits im 1. Quartal 2007 in einer Rezession befinden. Der Indikator hat eine ziemlich gute Performance und ich kann dieses Warnzeichen nicht ignorieren.
Der Arbeitsmarkt (oben rechts) schuf im August 2006 128.000 neue Arbeitspl�tze. Die U.S. Wirtschaft muss monatlich ca. 150.000 neue Stellen schaffen, nur um das Wachstum der Arbeitsf�higen zu bew�ltigen. Im Bildungs- und Gesundheitswesen wurden 60.000 neue Stellen geschaffen. Das Baugewerbe steuerte 17.000 neue Stellen bei, 4.000 davon im Eigenheimbau. Der Prozentsatz von Sektoren, deren Stellenmarkt expandierte stieg auf 55,9%. Die St�rke dieser Zahlen mag viele �berraschen (B�ren wenden jetzt ein, dass der Arbeitsmarkt ein folgender und kein f�hrender Wirtschafts-Indikator ist) aber sie unterst�tzen dennoch mein Argument, dass die amerikanische Wirtschaft nicht so schwach ist, wie von den Medien behauptet wird. Ein expandierender Arbeistmarkt und ein starker Anstieg im Konsumentenvertrauen im vergangenen Monat sollten zumindest den Abstieg verlangsamen wenn nicht gar stabilisieren. Ich kann einfach nicht glauben, dass die hiesige Wirtschaft sich einfach hinlegt und stirbt. Wie gesagt, Rezessionen werden fast niemals von den Titelseiten der Medien angek�ndigt. Sie werden meistens berichtet wenn es bereits zu sp�t ist. Das National Bureau of Economic Research (NBER) f�hrt die offiziellen Statistiken in diesem Bereich. Laut NBER war die Rezession des Jahres 2001 fast vorbei als die Medien anfingen von Rezession zu sprechen. Die Expansion begann im November 2001; jedoch noch im September nach den Attentaten wurde dar�ber debattiert, ob die Wirtschaft sich in einer Rezession befinde oder nicht. Im Augenblick liegt f�r meine Begriffe die Beweislast bei den Pessimisten.
Hermann Vohs